Die Luft ist noch immer heiß und erfüllt vom Gesang der Glanzstare, Spinte und Pirole und von unzähligen anderen gefiederten Sängern. Ein sanfter Fahrtwind trägt dazu den würzigen Duft von wildem Salbei an meine Nase heran. Im letzten Abendlicht, das rosarot und ätherisch anmutend vom Himmel strahlt, wirkt das Ganze wie eine halluzinogene Droge aufs Gemüt.
Selig eingelullt fängt sich mein Auge in den uralten, sagenumwobenen Affenbrotbäumen, die wie mollige Riesen aus dem nachtdunklen Scherenschnitt der Flussrandwälder emporragen. Doch da zerreißt ein wütendes Trompeten jäh meine Träumereien. Äste bersten laut im Dickicht der Mopane-Bäume, und im nächsten Moment prescht hinter uns ein Elefant hervor.
„Keine Panik!“, beruhigt Mike, der es sich als Manager der „Outpost Lodge“ im südafrikanischen Krüger Nationalpark nicht nehmen lässt, seine Gäste ab und an persönlich auf Safari zu führen. Souverän erklärt er mir, dass ein Dickhäuter, der wirklich angreifen will, seinen Rüssel schützend zur Seite legen würde.
Der kräftig gebaute Bulle jedoch, der jetzt mit ungeahntem Tempo hinter uns herhetzt, hält seinen ganz locker nach vorn. Die Frage ist nur: Wie lange noch? Und ganz ehrlich – wen interessiert‘s, wie der Rüssel hängt, wenn einem gut sechs Tonnen in Wallung geratenes Lebendgewicht auf den Fersen sind? Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich wollte ja unbedingt wieder auf der erhöhten Rückbank sitzen. Hätte doch schließlich sein können, dass auf der Fahrerseite tolle Fotomotiv auftauchen, und vom Beifahrersitz aus wäre Mike mir dann ständig im Bild gewesen.
Eigentlich clever durchdacht. Doch jetzt, wo mir mein Traummotiv förmlich im Nacken klebt, will ich nur noch schnellstens weg. Zum Glück scheint Mike das ähnlich zu sehen, denn er treibt unseren offenen Geländewagen binnen Sekunden auf Hochtouren. Und so jagen wir nun im Affentempo einen überwucherten Pfad entlang. Hellwach und aufgeputscht vom Adrenalin, das durch unsere Adern schießt.
Wenn es so etwas wie einen Garanten für die Begegnung mit Südafrikas imposanten „Big Five“ gibt, dann ist es der berühmte Krüger Nationalpark. Über 1,5 Millionen Besucher pro Jahr sprechen für sich. Doch nicht jedem dürfte die Vorstellung gefallen, sich Stoßstange an Stoßstange auf geteerten Trassen vorankämpfen zu müssen, um dann mit Dutzenden Pkw und Bussen um einen dösenden Löwen herumzustehen. Leider ist das im südlichen Teil des Parks in der Hauptsaison oft der Fall. Ein echter Geheimtipp ist dagegen die Makuleke-Region, die sich im äußersten Norden an der Grenze zu Mosambik und Simbabwe nahezu unberührt präsentiert sich .
Mit dem mächtigen Limpopo als Grenzfluss im Norden und dem Luvuvhu im Süden war das 24. 000 Hektar große Areal jahrzehntelang militärisches Sperrgebiet. So konnte sich eine paradiesische Flora und Fauna entwickeln – mit einer Biodiversität wie man sie sonst fast nur noch in Zentralafrika findet. Vor allem für Vogelliebhaber ist die Region ein Mekka. Seit 2002 geht der Krüger Nationalpark hier nahezu fließend in die Nationalparks von Mosambik und Simbabwe über. Gemeinsam bilden die drei nun den grenzüberschreitenden Great Limpopo Transfrontier Park, der zu den sogenannten Friedensparks gehört.
Die Idee, die dahinter steckt ist so einfach wie genial: In diesen Gebieten werden alle politischen Grenzzäune entfernt, sodass die Wildtiere ihre alten Migrationsrouten wieder aufnehmen können. Damit ist zugleich das Problem von Wirtschaftsflüchtlingen gelöst, denn ein Mensch muss schon sehr verzweifelt sein, um sich freiwillig in die Höhle des Löwen zu begeben. „Für Südafrikas Elefanten ist es auf jeden Fall eine Riesenchance“, versichert Mike, nachdem sich unser Verfolger mit einem lautstarken Getröte zurück in den Busch geschlagen hat. Während sich die grauen Riesen weiter unten im Süden dermaßen vermehrt haben, dass der Platz für sie längst nicht mehr reicht, kann sich der Jungbulle hier noch austoben und getrost irgendwann mit einem Harem für Nachwuchs sorgen.
Um das Naturjuwel im Norden zu schützen, wurde der Zugang auf die wenigen Gäste der ansässigen Luxus-Lodges „The Outpost“ und „Pafuri Camp“ beschränkt sowie auf die Studenten des Makuleke Eco-Trainingscamps. Für Lieschen-Müller und Otto-Normalbürger bedeutet das, dass sie für diese Reise erst mal kräftig sparen müssen. Davon abgesehen, gibt es für die Besucher nur eine Hürde: Selbst vom nächstgelegenen Parkflughafen Phalaborwa steht einem eine lange und recht eintönige Anfahrt bevor. Doch es lohnt sich. Egal, wie sehr es den Körper bei der Ankunft in der „Outpost Lodge“ in die Waagerechte drängen mag, an Schlaf denkt hier zunächst keiner mehr. Dafür sind die zwölf Suiten einfach viel zu sensationell.
Auf hohen Stahlpfeilern gestützt, schwebt jeder Raum für sich allein in luftiger Höhe an einem Berghang. Rückseitig über einen 500 Meter langen Laufsteg mit der Lobby und den anderen Suiten verbunden und nur dorthin begrenzt durch eine Betonwand, die in ihrer Nüchternheit geradezu erschreckend wirkt. Doch das ist reines Kalkül. Der in Italien geborene Architekt Enrico Daffonchio hat bewusst auf edlen Minimalismus gesetzt, um der grandiosen Wildnis hier den ganz großen Auftritt zu überlassen.
Einem Traum gleich, eröffnet sich beim Betreten der nach vorn und zu beiden Seiten vollkommen offen gehaltenen Suiten ein spektakuläres 180-Grad-Panorama. Der Blick schweift dabei weit über das bewaldete Luvuvhu-Flusstal hinweg zu einer malerischen Bergkette und reicht bis nach Mosambik hinein. Große Tiere wie Elefanten, Büffel oder auch Kudus lassen sich aus dieser genialen Perspektive sogar mit bloßem Auge ausmachen. So fühlt man sich geborgen und frei zugleich wie in einem Adlerhorst. Dem Himmel ganz nah, das Paradies direkt zu Füßen.
Halb sechs Uhr in der Früh. Das ferne Gebrüll der Löwen, das die Nacht durchdrungen hat, ist gerade erst verhallt, und schon erwartet mich Guide Gordon mit der wichtigsten Frage des Vormittags: Game Walk zu den Badeplätzen der Elefanten am Flussufer im Tal – oder Safari in Richtung Crooks Corner, wo sich in den Fluten des Limpopo stets zahlreiche Nilkrokodile und Flusspferde tummeln. Oder vielleicht doch lieber zur Lanner-Schlucht mit der atemberaubenden Bergkulisse, in der man mit etwas Glück einen Leoparden entdecken könnte? Dabei ist es eigentlich fast egal, wohin es geht, denn überall wandelt man hier auf einsamen Spuren dem Abenteuer entgegen.
Südafrikas nördlichste Provinz Limpopo hat aber neben dem Park natürlich noch mehr zu bieten. Und da lockt vor allem ein Besuch bei den Makuleke, deren Dörfer gleich in der Nähe des Parkeingangs Punda Maria liegen. 1969 im Rahmen der Apartheidgesetze brutal aus ihrer Heimat hier im Nationalpark vertrieben, hatte man das Volk der Makuleke kurzerhand 100 Kilometer weiter südwestlich im damaligen Homeland der Venda-Bevölkerung zwangsangesiedelt. Doch das Leid dieser Menschen hat sich in eine echte Erfolgsstory gewandelt, nachdem ihnen ihr Land Jahrzehnte später wieder zugesprochen wurde.
Damals waren sie weise genug, das Ganze als Teil des Nationalparks zu belassen. „Dafür profitieren wir jetzt als Privatverwalter von zehn Prozent des Gesamtumsatzes, den unsere Konzessionäre erwirtschaften“, erklärt Gibson Makuleke, der als enger Berater des heutigen Stammesführers an dem Kooperationsvertrag mitgewirkt hat. Der sieht vor, dass die Tourismusbetriebe nach 40 Jahren und intensivem Personaltraining in Stammesbesitz übergehen.
Und die Zukunft sieht rosig aus. Seit dem Zusammenschluss der drei Nationalparks liegt das Konzessionsgebiet der Makuleke mitten im Herzen des 35 000 Quadratkilometer umfassenden Great Limpopo Transfrontier Park – dem größten Naturschutzgebiet des Kontinents. Die Möglichkeit, hier luxuriös und auf die Schnelle drei afrikanische Staaten bereisen zu können, hautnah die „Big Five“ zu erleben und dann am Indischen Ozean zu entspannen, ist einmalig und lockt vor allem Touristen mit größerem Budget an.
Für den verwöhnten Gaumen gibt es heute Abend zur Abwechslung mal knusprig frittierte Mopane-Raupen. Gibson lacht herzlich angesichts der irritierten Blicke seiner vier Gäste, die in diesem Moment, das weiß er, die exquisite Sterne-Küche der „Outpost Lodge“ herbeisehnen. Doch verhungern wird niemand hier an dem bunt gedeckten Tisch, den die Frauen des Makuleke-Dorfes für ihre Gäste in einer lauschigen Ecke ihres großen Festplatzes aufgebaut haben. Immer mehr Schüsseln mit afrikanischen Traditionsgerichten werden jetzt aufgefahren: Rindereintopf, scharf gebratene Hähnchenteile, Maispolenta, Okra …
Malerisch wie ein Bühnenbild zeichnen sich dazu im Schein der Fackeln die mit Stroh gedeckten traditionellen Rundhütten des Dorfes ab. Kein Zweifel – auf dieser abenteuerlichen Reise erlebt man tatsächlich noch ein Stück vom echten, unverfälschten Afrika.
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Mein Dank geht an SOUTH AFRICAN TOURISM und SOUTH AFRICAN AIRWAYS, die diese Reise für mich gesponsert haben. Die Reisereportage, die ich dazu geschrieben habe, wurde im Wochenendteil der Zeitung „die Welt“ veröffentlicht.
INFO: South African Tourism, Tel.: 0800 – 118 91 18
Hier kannst du die Region auf Google Maps betrachten und deine Urlaubspläne schmieden
BESTE REISEZEIT: Die Jahreszeiten verlaufen in Südafrika gegensätzlich zu unseren. Das Klima in der Region rund um den Krüger Nationalpark ist vor allem tropisch geprägt. Grundsätzlich ist es ein reizvolles Ganzjahresziel. Für Safaris eignen sich aber die angenehm temperierten, trockenen Monate von Juni bis Oktober am besten, weil die Sichtung der Tiere dann aufgrund der vertrockneten Vegetation einfacher ist. Die regenreichste und heißeste Zeit erlebt man im südafrikanischen Hochsommer von Dezember bis Februar. Dann besteht eine erhöhte Malariagefahr.
EINREISEBEDINGUNGEN: Deutsche, Österreicher und Schweizer benötigen für die Einreise nach Südafrika nur einen maschinenlesbaren Reisepass, der zwei freie Seiten für Sichtvermerke enthält und noch mindestens 30 Tage über die Ausreise aus Südafrika hinaus gültig sein muss. Anerkannt wird auch ein vorläufiger maschinenlesbarer Reisepass. Bei Ankunft erhält man dann ein sogenanntes »visitor’s permit«, das in der Regel für maximal 90 Tage gilt.
ANREISE: Mit South African Airways (www.flysaa.com) geht es bequem von Frankfurt über Johannesburg bis nach Phalaborwa, dem nächstgelegenen Flughafen zur Makuleke Region. Von dort fährt man mit dem Auto nochmals rund 5 Stunden bis zur „Outpost Lodge“.
GESUNDHEIT: Keine Impfungen vorgeschrieben. Empfehlenswert ist Impfschutz gegen Tetanus, Polio und Hepatitis. Unverzichtbar sind ein guter Sonnenschutz und ein starkes Repellent. Das Malariarisiko ist nur in den regenreichen Sommermonaten hoch. Informiert euch bitte vorab beim Tropeninstitut. Eine Malaria Prophylaxe bekommt man vor Ort in jeder Apotheke. Weitere Infos findet ihr in unserem Blog unter die Reiseapotheke
UNTERKUNFT: The Outpost Lodge, Tel.: +27 13 735 8907 – Suite ab 500 Euro inklusive drei Mahlzeiten, zwei Safaris und Game-Walk. Pafuri Camp, Tel.:+27-11-646 1391 Luxus-Safari-Zelt ab 500 Euro inklusive drei Mahlzeiten, zwei Safaris und Game-Walk. Authentisches Busch-Feeling erlebt man mit allen Vor- und Nachteilen im wenige Kilometer vom Krüger Nationalpark entfernten Pafuri River Camp (nicht zu verwechseln mit dem luxuriösen Parfuri Camp !!!) Einfaches Zelt aus Plastik ohne A/C um € 60
RANGER TRAINING: Hast du Lust, dich einmal als Ranger zu erproben? Im Makuleke Konzessions Trainingscamp ist alles möglich: von 7-tägigen Schnupperkursen (mit diversen Schwerpunkten wie Spurensuche, Vogelbeobachtung, Fotografie oder Wildnis) über den 55-tägigen Ranger-Grundkurs bis hin zur 12monatigen Profi-Ausbildung. SafariFrank bietet zahlreiche Aktivitäten in Afrika und vermittelt darüber hinaus provisionsfrei Plätze für das Camp.
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