Tapfer stapfe ich durch den strömenden Regen den Waldpfad entlang und denke: Manche Dinge ändern sich nie. Zum Beispiel meine Faszination für die Urzeit. Erstaunen, Ehrfurcht und Neugier erfassten mich, als ich als Kind herausfand, dass zu einer lang vergangenen Zeit riesige Dinosaurier auf der Erde unterwegs waren. Das ist bis heute so geblieben – und lässt sich auch nicht von ein bisschen Regen mindern.
Nun versuche ich mit Frederik Spindler Schritt zu halten und gleichzeitig seinen Ausführungen zu folgen. Spindler ist wissenschaftlicher Leiter des Dinosaurier Museums Altmühltal und verfügt über so viel Wissen, dass mir ganz schwindelig wird. Er ist auch als Forscher aktiv und ihn interessieren dabei nicht nur die ganz Großen. Gerade hat er einer kleinen Echse ihren Namen gegeben, die Jahrmillionen vor den Dinosauriern lebte: Ascendonanus nestleri, übersetzt der „Kletterzwerg“.
Auf dem Erlebnispfad sind wir schon an einigen Dinosauriern vorbeigekommen, nun bleibt Winkler vor einem angenagten und halb verwesten Tyrannosaurus rex stehen. Das Modell sieht wirklich ziemlich echt aus. Als aus unserer Gruppe dann jemand den Film Jurassic Park erwähnt, rümpft Spindler wie jeder anständige Paläontologe die Nase: „Also, was es da in Jurassic Park zu sehen gibt, ist schon eine recht kreative Umsetzung des aktuellen Wissensstandes.“ Thema beendet.
Dinosaurier im Altmühltal
Aber naja, der dichte Wald, der platternde Regen, die Dinos überall – ich fühle mich schon ein bisschen an die eine oder andere Szene erinnert. Eben stand ich noch unter dem Bauch eines gigantischen Langhalssauriers, dann schwebt ein Flugsaurier durch die Lüfte und um die nächste Kurve stehen sich zwei Dinos angriffslustig gegenüber. Der Europasaurus holgeri lugt ganz freundlich zwischen den Bäumen hervor. Er oder Sie lebte vor rund 155 Millionen Jahren auf einer Insel im heutigen Niedersachsen. Wir sind also sozusagen Landesgenossen.
In meiner Kindheit gab es in unserer kleinen Bücherhalle nicht so viel Auswahl zum Thema, deshalb hatte ich mir immer wieder das gleiche Buch ausgeliehen. Ich erinnere mich gut daran, dass Dinosaurier dort noch grundsätzlich als eher schwerfällig und behäbig dargestellt wurden. Heute ist das Bild ein anderes: „In jedem Huhn steckt auch ein bisschen was von einem Dinosaurier“, sagt Winkler und grinst. Von vielen Arten weiß man heute, dass sie ein Federkleid trugen und recht flink unterwegs waren. Die Vorfahren unserer heutigen Vögel.
Warum es nun gerade hier ein Dino-Museum gibt, hat natürlich seinen Grund, erklärt uns Spindler: Das fränkische Altmühltal ist ein Fossilien-Eldorado. Im Jura, vor rund 150 Millionen Jahren, lag diese Region mitten in einer subtropischen Insel- und Lagunenlandschaft. Ammoniten, Raubfische und Krokodile bevölkerten das Wasser, Dinosaurier beherrschten das Land, Flugsaurier den Himmel. Mit ein bisschen Fantasie kann ich mir das lebhaft vorstellen.
Vom Schlamm konserviert
Starb ein solches Urzeitwesen und sank es dann auf den Meeresgrund, wurde der Körper dort luftdicht vom Schlamm umschlossen – die beste Voraussetzung, um nun, Millionen von Jahren später, als Fossilie wieder ans Licht zu kommen. Bereits über 900 urzeitliche Tier- und Pflanzenarten wurden im Naturpark Altmühltal entdeckt. Berühmt ist er jedoch vor allem für einen urzeitlichen Vertreter: den Archaeopteryx, das Bindeglied zwischen Dinosauriern und Vögeln.
Zwölf Fossilienfunde gebe es bisher und alle stammen aus dem Altmühltal, erzählt uns Spindler. Zielstrebig steuert er auf das Museumsgebäude zu, so langsam habe auch selbst ich genug vom Regen. Der neueste und zugleich älteste Archaeopteryx-Fund ist dort ausgestellt.
Der Riese aus Transsylvanien im Altmühltal
Doch als wir die Austellungshalle betreten, ist der arme Archaeopteryx schnell vergessen, denn ein Riese zieht die gesamte Aufmerksamkeit auf sich: Dracula.
Ein gewaltiges Flugsaurier-Skelett steht in der Mitte des Raumes. Gefunden wurde es allerdings nicht im Altmühltal, sondern in Rumänien. Genauer gesagt in Transsilvanien, daher der Spitzname. Dracula ist der größte und schwerste bisher gefundene Flugsaurier. Ob er trotz 12 Meter Spannweite bei dieser Größe überhaupt fliegen konnte und wovon er sich ernährt hat, ist immer noch nicht geklärt, sagt Frederik Spindler, deutet auf diesen Knochen und jenen, sowie auf den riesigen zahnlosen Schnabel. Bei dessen Anblick bin ich mir ziemlich sicher, dass der lebendige Dracula jede und jeden von uns mit einem einzigen Haps verschlingen könnte.
Doch es geht auch einige Nummern kleiner. Die im Altmühltal gefundenen Flugsaurier sind regelrecht Winzlinge im Vergleich zu ihrem riesigen Verwandten aus Rumänien. Die gezeigten Fossilien sind in alle Welt verstreut und wurden als Leihgabe für diese Ausstellung zurück in ihre „Heimat“ gebracht. Auch manche von ihnen haben einen Spitznamen bekommen. Darf ich vorstellen:
Daddy Langbein
Es sind seine extrem langen Beine, für die ihm dieser Name verpasst worden ist. Zusammen mit dem ebenso langen Hals erinnert er an einen Flamingo. Doch er ist der erste seiner Art, der Wissenschaft noch völlig unbekannt. Und eines der am besten erhaltenen Flugsaurier-Skelette der Welt.
Ein anderes Fossil zeigt ein wahres Urzeitdrama: Ein Flugsaurier hat gerade einen kleinen Fisch erbeutet, als ein großer Raubfisch aus dem Wasser schoss, um sich den Flugsaurier zu schnappen. Doch sein Schnabeldorn verhakte sich in der Flughaut und beide sanken in die Tiefe. Der Flugsaurier ertrank und auch der Raubfisch bezahlte seinen Jagdinstikt qualvoll mit seinem Leben.
Ab in den Steinbruch
Während es hier im Dinosaurier-Museum heißt, nur gucken, nicht anfassen, wird an anderer Stelle ordentlich zugelangt, gehämmert und geklopft. In stillgelegten Steinbrüchen können Hobby-Forscher und -Entdecker mit Hammer und Meißel selbst auf die Suche nach Fossilien gehen. Die Chance, dabei auch wirklich etwas zu finden ist sehr groß.
Vielleicht wird es nicht der ganz große Sensationsfund. Aber unzählige Ammoniten oder kleine Urzeit-Fischchen verstecken sich zwischen den Kalkplatten. Und wenn es dann doch mal ein etwas größeres Stück ist: Alles bis zu einem Wert von 5.000 Euro darf man behalten.
Für uns reicht die Zeit leider nur dafür, ein paar Steine umzudrehen. Sehnsüchtig blicke ich in den Steinbruch. Da muss ich wohl noch einmal wiederkommen.
Tipps und Infos
Dinosaurier-Museum Altmühltal: Die Anlage bei Denkendorf besteht aus einer Museumshalle, einem 1,5 Kilometer langen Erlebnispfad durch die Erdzeitalter mit Mitmach-Stationen und Spielplatz, einem schönen Waldbiergarten und – natürlich – einem Shop, in dem sich alles um die Urzeit dreht. Die Flugsaurier-Ausstellung „Herrscher der Lüfte“ läuft noch bis zum 04. November 2018. Neueste Attraktion ist das Skelett eines jungen T. rex. Weitere Infos bekommt ihr unter dinopark-bayern.de
Fossiliensammeln: Im Altmühltal gibt es vier Steinbrüche und eine aufgeschüttete Sammelstelle, in denen nach Fossilien gesucht werden kann. Im Winter sind diese jedoch geschlossen. Wir waren im Fossiliensteinbruch Blumenberg, hier können auch Werkzeuge ausgeliehen werden. Die Kosten variieren, in manchen Steinbrüchen wird Eintritt fällig (ca. 3 bis 7 Euro/Erw.). Weitere Infos bekommt ihr im Internet beim Naturpark Altmühltal
Was ihr sonst noch im Naturpark Almühltal unternehmen könnt, erfahrt ihr in meinen Reisetipps.
Die Reise wurde unterstützt von Franken Tourismus.
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