Früher war mehr Abenteuer

Backpacking auf Mauritius - warten auf den Bus

Letztens saß ich mal wieder mit meiner früheren Reisebegleitung bei einem Kaltgetränk zusammen. Nachdem wir Gott und die Welt abgehakt hatten, waren wir schießlich beim Reisen angekommen. Früher war’s irgendwie anders, wurde dieses Mal das Oberthema. Früher – das war, als Busfahrpläne, Fährverbindungen, freie Unterkünfte nicht einfach mal mit einem Klick im Internet zu finden (und zu buchen) waren.

„Und bei der Interrailtour hatten wir das dicke Kursbuch dabei“, erinnerte mich meine frühere Reisebegleitung. Stimmt, der mindestens zehn Zentimeter dicke Wälzer, in dem auf hunderten Seiten alle europäischen Zugverbindungen und Fahrpläne aufgelistet waren. Da war nach einigem Blättern wirklich alles zu finden. Was aber nicht vor Irrfahrten schützte. Kurz hinter der portugiesischen Grenze sind wir beim Umsteigen einfach in den nächsten Zug gesprungen. Statt nach Porto zu fahren, zuckelte der dann jedoch schön langsam wieder zurück nach Spanien. Da haben wir ziemlich dumm aus der Wäsche geguckt. So habe ich dann allerdings Vigo kennengelernt. Hatte also auch was Gutes.

Interrail 1991 – damals gab’s noch Rucksäcke mit Gestell

War früher auch alles besser?

Daran musste ich denken, als ich dabei war, meinen nächsten Trip zu organisieren. Flug im Internet buchen. Dann Unterkünfte finden – kein Problem, Portale wie booking.com machen’s ganz leicht möglich. Klick, klick, klick und schon hatte ich meine Tour zusammen.

FRÜHER musste man für letzteres noch ins Reisebüro gehen. Last Minute war damals der ganz heiße Scheiß und L’tur der große Player. Auf dem Tresen lag ein Ordner mit den aktuellen Angeboten. EIN Ordner wohlgemerkt. War schon jemand da, musste man warten, bis man dran war.

Inselhopping in Griechenland war unser Plan. Aber kein Super-Sonder-Günstig-Flug in Sicht. Da konnten wir im Ordner hin- und herblättern, solange wir wollten. Also am Tresen gefragt – nein, gibt gerade wirklich nichts. Aber sie hätte da einen total günstigen Flug nach Mauritius. Häh? Wir nickten wichtig (da war doch irgendwas mit ’ner Briefmarke…) und gleichzeitig skeptisch. Denn das wussten wir: Mauritius wäre sicher nichts für unser studentisches Reisebudget. Glaubten wir zu wissen, muss ich heute sagen, denn die Reisefachkraft sagte recht überzeugend, dort gäbe es nicht nur Luxushotels. Sondern auch jede Menge kleine Anlagen und Guesthouses. Und mit den öffentlichen Bussen komme man fast überall hin.

Mauritius statt Inselhopping in Griechenland

Wir sind dann einmal um den Block gegangen und haben schließlich die Flüge gebucht. Haben einen Reiseführer gekauft und sind dann mit unseren Rucksäcken los. Backpacking auf Mauritius. Wenn mir das einer vorher erzählt hätte… Vor Ort war dann wirklich alles ganz unkompliziert. (Danach hatten wir vor vermeintlich „teuren“ Zielen den Respekt verloren und machten auch Backpacking in der Karibik.) Nach dem langen Flug hatten wir uns aber doch ein Taxi (God is my Pilot!) zum nächsten Urlaubsort gegönnt. Dann die Rucksäcke geschultert und uns auf die Suche nach einer Unterkunft gemacht.

OK, nicht gerade schick und luxuriös. Aber spielt das eine Rolle…

…wenn es draußen SO aussieht?

…und so?

Airbnb offline

So war das damals – ankommen, Unterkunft suchen. Dort, wo viele Backpacker gleichzeitig ankamen, wurden sie in der Regel schon mit allerlei Angeboten erwartet und nach kurzer Verhandlung in die entsprechende Unterkunft verfrachtet. Auf unserer Interrailtour in Spanien sind wir so mal bei einem älteren Ehepaar zuhause gelandet. Airbnb offline. Manchmal war es aber auch echt anstrengend, ewig unterwegs gewesen, über 30 Grad und dann noch auf der Suche nach einem bezahlbaren Zimmer durch die Gegend stolpern (ich will ein Bier!). Meine Güte, da hatten wir dann manchmal aber auch Sachen gesehen. Wenn’s muffig und feucht riecht, das ging bei mir noch nie.

Schicke Outdoorklamotten gab’s damals noch nicht. Und bitte dran denken: es waren die 90er…

Wenn ich heute mit dem Rucksack unterwegs bin, weiß ich immer schon, wie ich von A nach B komme und wo ich als nächstes schlafen werde. Das ist deutlich weniger abenteuerlich und auch weniger flexibel. Aber soooo viel bequemer. Ich bin total froh, dass ich diese anderen Zeiten erleben konnte, wo man sich häufig irgendwie durchschlagen musste oder erstmal einfach losgefahren ist, nach dem Motto: wird schon. Eine meiner Lieblingsgeschichten dazu ist, wie wir in Belize im Süden auf die Halbinsel Placencia wollten. Von Independence kann man sich per Boot übersetzen lassen, hieß es. Wir sind also in einem alten Schulbus dorthin geholpert und durch das scheinbar menschenleere Örtchen Richtung Wasser gegangen. Wird schon, dachten wir. Und plötzlich hörten wir hinter uns: „Hey, you guys need a boat?“ Ein Typ fuhr auf dem Fahrrad an uns vorbei und rief über seine Schulter: „Follow me.“ Und weg war er. Am Ufer haben wir ihn dann wiedergefunden: der Bootsmotor tuckerte schon…

Unfreiwilliger Luxus

Manchmal haben wir es aber auch übertrieben. Zum Beispiel bei einem unserer Karibik-Trips. Da sind wir um 23 Uhr auf St. Lucia gelandet und hatten uns nicht überlegt, wo wir schlafen wollen. Wird sich schon was ergeben, dachten wir. War aber nicht so. Zum Glück waren wir nicht die einzigen Deppen und so sind wir zu sechst mit dem Taxi in den Süden und haben in einer größeren (und viel zu teuren) Anlage – es war inzwischen 01:30 Uhr – den Nachtwächter aufgeschreckt. Der hat aber alles klargemacht und so konnten wir tatsächlich noch ein paar schicke Zimmer beziehen.

Der Traum für eine Nacht…

Am nächsten Tag hatte die Realität uns wieder…

Doch ich sag’s mal ganz ehrlich: da war ich auch, äh, deutlich jünger. Jetzt mag ich immer noch das Abenteuer – aber doch etwas feiner dosiert. Wenn ich mich in einen Bus setze, weiß ich inzwischen gerne, wo ich nach meiner Ankunft hin muss – oder kann. Und so habe ich immer mein Tablet dabei, mein kleines Helferlein. Früher war (fast) alles anders – aber heute ist es auch ganz gut 🙂

Wie ist’s oder war’s bei euch? Früher Backpacking, heute All-Inklusive? Oder vielleicht umgekehrt?

Diesen schon etwas älteren Beitrag habe ich aus den Untiefen hervorgekramt, um bei der Blogparade von Sabines tollem Reiseblog Ferngeweht mitzumachen!

Manchmal ging’s auch nur so weiter – wie hier auf einem Pick-Up in Thailand

13 Kommentare

  1. Pingback: Blogparade: Wie hat sich dein Reisestil verändert?

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